8 Tipps, um die eigene Resilienz (Widerstandskraft) zu stärken
Herausfordernde Situationen, sowohl im Privatleben als auch im beruflichen Umfeld, gehören zum Leben dazu. Doch warum bewältigen einige Menschen Stress, Druck, Konflikte, Krisen, Niederlagen, Misserfolge oder Schicksalsschläge besser als andere? Was zeichnet sie aus?
Die Antwort lautet: „Resilienz“, d. h. sie sind psychisch widerstandsfähiger. Das Wort „Resilienz“ stammt aus dem Lateinischen (resilire) und bedeutet „zurückspringen“ oder „abprallen“. Resiliente Menschen verfügen über die Fähigkeit, sich trotz schwieriger Umstände wieder zu erholen und aufzustehen. Für Resilienz steht daher auch das Bild des Stehaufmännchens. Die Forschung zeigt, dass es verschiedene Schutzfaktoren, u.a. Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, Selbstregulation, Selbstverantwortung, Beziehungen, Zukunftsgestaltung und Improvisationsvermögen, gibt. Resilienz ist keine angeborene Fähigkeit, sondern kann lebenslang gelernt und aufgebaut werden.
Mit folgenden Tipps und Anregungen können wir beginnen, unsere Resilienz zu stärken:1. Optimismus
Unsere Gedanken beeinflussen unsere Gefühle. Die Widerstandskraft kann daher gefördert werden, indem wir versuchen, positiv zu denken. Selbst in schwierigen Situationen sollten wir das Augenmerk eher auf das Positive richten, anstatt uns auf das Negative zu fokussieren. Dafür könnten wir uns zum Beispiel sagen, dass es sich nur um eine vorübergehende Situation handelt oder uns stattdessen überlegen, was wir Gutes aus der Situation ziehen könnten. Grübelt man viel oder neigt zu katastrophisierenden Gedanken oder negativen Gedankenspiralen, kann man die sog. Gedankenstopp-Methode ausprobieren:
- „Stopp!“ denken oder laut aussprechen und sich währenddessen ein großes Stoppschild vorstellen (gerne ergänzend auch eine „Stopp-Geste“ machen (z. B. geöffnete Hand nach vorne halten))
- Tief in den Bauch atmen und sich selbst ablenken, indem man zum Beispiel beruhigende Gedanken entwickelt oder sich schönen Dingen widmet.
Diese Methode erfordert Übung. Man sollte sich daher anfangs nicht entmutigen lassen.
Eine weitere Möglichkeit ist es, schöne Momente bewusst wahrzunehmen:
- Auf Momente im privaten und beruflichen Umfeld achten, die einem Freude bereiten und glücklich stimmen (z. B. ein Waldspaziergang, ein nettes Gespräch mit Kolleg*innen).
- Sich diese Momente in einem Tagebuch notieren und bei Bedarf durch wiederholtes Lesen an sie erinnern.
Doch unser wichtigster Tipp ist es, öfter zu lächeln! Denn Lachen macht glücklich, ist gesund und entspannt. 😊
2. Akzeptanz
Krisen und Veränderungen sind Bestandteile des Lebens. Diese anzunehmen und zu verarbeiten ist nicht leicht und oft auch ein längerer Prozess. Wichtig dabei ist es dennoch, zu akzeptieren, dass negative Gefühle (z. B. Angst, Wut, Trauer) dazugehören und wir sie nicht unterdrücken sollten. Ist man in einer solchen Situation, kann es helfen, sich einen stillen Ort zu suchen, zu überlegen, ob und wenn ja, welche Menschen einem guttun und sich bewusst Auszeiten zu nehmen, um das Geschehene annehmen zu können. Dabei sollte auch unterschieden werden, was man selbst ändern kann und was nicht.
Sowohl im privaten als auch im beruflichen Alltag gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um Akzeptanz und Gelassenheit zu üben bzw. zu lernen:
- Beobachten, worüber man sich häufig aufregt, ohne etwas an den Gegebenheiten ändern zu können. Hier als Beispiel: Im Stau stehen.
- Anstatt sich zu ärgern, lieber versuchen, etwas Gutes an der Situation zu finden. Hier im Beispiel: Schöne Radiomusik.
Auf jeden Fall dürfen wir nicht zu selbstkritisch sein, sondern sollten mit den eigenen Schwächen und Stärken verständnisvoll umgehen. Ein Weg, um sich selbst besser wahr- und anzunehmen sind Meditationsübungen. Akzeptanz meint, eine Situation, Person etc., so, wie sie ist, anzunehmen. Dies heißt jedoch nicht, alles für gut befinden oder einfach so, ohne zu hinterfragen, hinnehmen zu müssen. Durch das Annehmen der Realität können sich in der Folge neue Wege und Handlungsoptionen ergeben.
3. Lösungsorientierung
Hat man eine Situation angenommen („Es ist, wie es ist.“), kann man den Blick auf die Zukunft richten und überlegen, was getan werden kann, um das Beste aus der Situation herauszuholen. Wichtig für eine erfolgreiche und kreative Lösungssuche ist, dass man nicht ständig gedanklich um das Problem kreist, sondern in einem guten emotionalen Zustand ist. Dabei können zum Beispiel Atemübungen oder ein Spaziergang helfen, denn mit einem klaren Kopf und Abstand zu der Situation fallen uns sicherlich Lösungsmöglichkeiten ein, die funktionieren könnten oder früher in ähnlichen Situationen bereits funktioniert haben. Ebenso kann es hilfreich sein, die Perspektive zu wechseln: Wie würden andere Menschen das Problem lösen?
Wenn es das nächste Mal im Alltag zu einer solchen beschriebenen Situation kommt, sollten wir einfach mal versuchen, für das Problem oder auch eine anstehende Herausforderung viele verschiedene Lösungsmöglichkeiten zu sammeln. Je häufiger wir dies üben, desto mehr Lösungsmöglichkeiten fallen uns nach und nach ein, die wir dann bei aktuellen aber auch bei künftigen Problemen flexibel einsetzen können.
4. Selbstregulation
Wir sollten uns bewusst machen, dass wir nicht immer sofort reagieren müssen. Wenn wir merken, dass Gefühle wie Ärger oder Wut aufkommen, können wir…
- …in Gedanken so lange zählen, bis wir ruhiger werden.
- …tief ein- und ausatmen.
- …eine andere Haltung einnehmen.
- …uns körperlich betätigen.
- …um Zeit zum Nachdenken bitten.
Mit diesen kleinen Pausen können wir verhindern, vorschnell zu handeln oder unangemessene Äußerungen zu tätigen.
Auch verschiedene Stressbewältigungsstrategien können dabei helfen, besser mit Druck, Stress und herausfordernden Situationen umzugehen:
- Entspannungsmethoden (z. B. Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Meditation, Yoga, Atemtechniken, Achtsamkeitsübungen)
- Gesunde Ernährung
- Ausreichend Schlaf
- Regelmäßige Pausen
- Bewegung
- Eine Liste mit Aktivitäten erstellen, die uns Spaß machen und Kraft geben.
5. Selbstverantwortung
Während einige Menschen dazu neigen, sich immer selbst die Schuld zu geben, tendieren doch viele dazu, die Schuld immer bei anderen zu suchen. Anstatt sich mit Schuldzuweisungen zu befassen und in die Opferrolle zu begeben, sollten wir Verantwortung für uns selbst sowie unser Handeln übernehmen und überlegen, welchen Anteil wir an der Situation haben.
Wir haben die Wahl, wie wir mit einer schwierigen Situation umgehen möchten. Anfangs ist es normal, zu hadern und Sorgen zu verdrängen. Um sich jedoch nicht mehr der Situation ausgeliefert zu fühlen, sollten wir mit der Zeit beginnen, das Geschehene zu verarbeiten, indem wir aktiv werden und uns mit der Situation auseinandersetzen. Welche herausfordernden Situationen haben wir in der Vergangenheit bereits erfolgreich bewältigt? Diese Fragen sollten wir uns öfters stellen, denn die Antworten machen deutlich, über welche Ressourcen, Stärken und Erfolge wir bereits verfügen.
6. Beziehungen
Andere Menschen können uns auf unterschiedliche Art und Weise bei der Bewältigung von herausfordernden Situationen unterstützen. Sie können uns zum Beispiel Trost spenden, Tätigkeiten abnehmen oder Ratschläge geben. Das Gefühl des Alleinseins oder der Überforderung wird uns in gewisser Weise genommen. Mit anderen Menschen über eigene Sorgen zu sprechen kann einerseits erleichternd wirken sowie neue Kraft und Energie spenden, andererseits kann ein Treffen mit anderen Menschen auch bewusst dazu dienen, für einen Moment von den eigenen Sorgen abzulenken. Die Pflege des eigenen sozialen Netzwerkes ist demnach unwahrscheinlich wichtig.
Heutzutage ist es sehr einfach, mit anderen Menschen Kontakt aufzunehmen. Warum also nicht einfach per Telefon, E-Mail oder Messenger-Dienst zum Geburtstag gratulieren, eine liebe Nachricht verschicken oder ein persönliches Treffen vereinbaren?! Wer ist Teil unseres Netzwerkes und wer tut uns gut? Uns im Umkehrschluss aber auch die Frage „Wer tut uns nicht gut?“ zu stellen, um entscheiden zu können, zu welchen Menschen wir den Kontakt vertiefen bzw. reduzieren möchten. Die Menge der Kontakte ist dabei nicht entscheidend. Unterschiedliche Kontakte eröffnen neue Blickwinkel und ermöglichen den Rückgriff auf verschiedene Kompetenzen, aber auch wenige, vertrauensvolle Kontakte können genügen. Nur nicht scheuen, sich bei Bedarf Unterstützung zu holen und jemandem um Hilfe oder einen Rat/Gefallen zu bitten!
7. Zukunftsgestaltung
Die Zukunft planen kann man nur, wenn man weiß, was man will. Daher sollten wir uns bewusst die Zeit nehmen, Ruhe gönnen und darüber nachdenken, was wir in der Vergangenheit schon geschafft haben und was wir in Zukunft noch erreichen wollen. Dabei können verschiedene Bereiche wie zum Beispiel Familie, Beruf, Finanzen oder Sport betrachtet werden und zwischen lang-, mittel- und kurzfristigen Zielen unterscheiden werden. Was sind unsere wichtigsten Ziele und wie können wir sie spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert sowie positiv formulieren? Beispiel: Ich gehe einmal pro Woche vor dem Frühstück für 60 Minuten schwimmen.
Zudem können wir rechtzeitig Vorkehrungen für absehbare Situationen in unserem Leben treffen, indem wir uns notieren, mit welchen Situationen wir künftig möglicherweise konfrontiert werden (z. B. Jobwechsel, Pflege einer nahestehenden Person) und wie wir uns bereits jetzt darauf vorbereiten könnten (z. B. Informationsrecherche).
Selbstverständlich bedeutet das nicht, dass wir uns auf alle Situationen im Leben vorbereiten können oder alles so funktioniert, wie wir es uns vornehmen. Aber eine gute Vorbereitung und das Durchdenken mehrerer Optionen führen zu mehr Flexibilität und Gelassenheit!
8. Improvisationsvermögen
Improvisationsvermögen hängt eng mit der Bereitschaft zu lernen und der Fehlerkultur zusammen. Unsere Bereitschaft, neue Dinge auszuprobieren und offen für neue Lernerfahrungen zu sein, ist daher wichtig. Wie wäre es daher beim nächsten Spaziergang einen anderen Weg zu wählen als den, den man immer geht? Oder den Föhn mit der anderen Hand zu halten? Wir sollten mehr experimentieren und uns trauen, auch mal Fehler zu machen. Denn aus Fehlen können wir lernen und uns weiterentwickeln. Je flexibler wir sind, desto leichter wird es uns fallen, mit neuen herausfordernden Situationen und Veränderungen umzugehen.
Textquellen
- Amann, E. G. (2019). Resilienz (3. Aufl.). Freiburg: Haufe.
- Gruhl, M. (2020). Die Strategie der Stehauf-Menschen. Krisen meistern mit innerer Widerstandskraft (2. Aufl.). Freiburg im Breisgau: Herder.
- Heller, J. (2021). 7 Schlüssel für mehr innere Stärke (1. Aufl.). München: Gräfe und Unzer.
- Kaluza, G. (2011). Stressbewältigung (2. Aufl.). Berlin/Heidelberg: Springer.
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